DIE WELT ANHALTEN


Wenn jemals die arg verschlissene Formulierung von der Malerei als Spiegel der Seele eine Berechtigung hatte, dann bei den Arbeiten des in Werder an der Havel arbeitenden Wahlpotsdamers Allan Paul. Der 1975 in Bielefeld geborene Künstler kam erst über Umwege 2014 zum Kunststudium, ist inzwischen aber unübersehbar ganz eins geworden mit seiner Kunst. Er lebt die Malerei voller Inbrunst und sie wiederum trägt auch ihn in Gänze. Seinen Bildern sieht man an, dass sie aus purem Leben, Liebe und Leid, gebaut sind. Selten wagte sich ein Künstler so unverstellt und schnörkellos mit der eigenen Seelenschau in die Öffentlichkeit. Dabei kennt Allan Paul keine Tabus. Missbrauchserfahrungen, Trennungsschmerz oder andere seelische Verletzungen, manchmal aber auch die pure Lust am Leben und mitunter sogar Liebespoesie, sind die Ingredienzien regelrechter koloristischer Feuerwerke die seine Leinwände rauschhaft verzaubern. 


Das Ergebnis sind dann häufig Arbeiten, bei denen aus dem Nebeneinander stärkster Farbkontraste und dem Einbau fast comicartiger Schriftzeilen und Figurationen ein einziger geschlossener, fast schon sinfonisch anmutender Farbklang entsteht. „Zweieinhalb ist einer zu viel“ verrätselt Allan Paul den Titel eines seiner großformatigen Bilder. Neben dem dominanten, weil beinahe unvermischt leuchtenden Lieblings-Gelb des Künstlers stehen hier hart konturierte Formen von rötlichen, tiefblauen, weißen, schwarzen und grünen Flächen. Ähnlich einer altägyptischen Bildgestaltung vermischen sich auf der Leinwand Schriftzeilen, Zahlen, stilisierte Figuren- und Tierzeichen sowie große und kleine Formen bedeutungsperspektivisch zu einer hochexpressiven Gesamtschau. Kein Wunder, dass bei solch einer für den Maler charakteristisch dichten Folge andauernder Kreativeruptionen auch im bestsortiertesten Atelier gelegentlich Materialengpässe entstehen. Für Allan Paul bedeutet dies aber lange noch kein Produktionsstopp, wie sein Bild „Freud was just a headstrong man too“ belegt. In zeitweiser Ermangelung einer kompletten rahmenfüllenden Bespannung ergänzte der malwütige Maestro pragmatisch die zu kleine Leinwand um ein Stück und schmiedete danach das kreative Eisen solange es noch heiß war. Das Ergebnis gibt ihm Recht, denn es wäre ja wirklich jammerschade, wenn dieses aus jeder Menge Hintersinn und Ironie gebastelte Bild über die Psychoanalyse im Allgemeinen und deren Vater Sigmund Freud nicht oder anders gemalt worden wäre. Das Bild dampft auf jedem Quadratzentimeter nur so vor ungestümer Energie und Spontanität. Dabei gelingen dem Künstler einprägsame zeichenhafte lineare und flächige Formfindungen, die sich nicht nur im Gedächtnis der Betrachter festsetzen, sondern zu einem unverwechselbar tiefblau funkelnden koloristischen Gesamtklang verschmelzen. 

Von der Eröffnung dieses dynamischen Bilderreigens am 24.Juni 2021 bis zum 14. August können sich dann die Potsdamer in der Galerie Schindler kostenlos einen ganzen Sommer lang von Allan Pauls farbstarken Arbeiten energetisch auftanken lassen. Dabei sollten sich das Publikum bei der Gelegenheit von den so rätselhaften Bildgeschichten des Künstlers gleich daran erinnern lassen, dass auch im eigenen privaten Lebensbogen jede Menge Aussicht auf Besserung, ja sogar Glückspotential verborgen ist. Nichts wie hin, also!

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